Donnerstag, 20. Dezember 2012

Westfälische Grundbesitz Finanzverwaltung AG WGF - Interessengemeinschaft sinnvoll ?

Die  Westfälische Grundbesitz Finanzverwaltung AG (WGF) hat am 11. Dezember 2012 Insolvenzantrag gestellt. Der bilanzielle Fehlbetrag per 31.12.2011 beläuft sich auf rd. Euro  71 Mio.

Nun, Insolvenzantrag stellen täglich viele Firmen - warum ist das erwähnenswert für einen im Bank- und Kapitalmarktrecht tätigen Rechtsanwalt ? Die WGF hat in den vergangenen Jahren Unternehmenanleihen und Genussrechte in erheblichem Umfang begeben. DieAnleihen waren mit einem Rating versehen und wurden an der Börse gehandelt.

Aufgrund des "Immobilienhintergrundes" wurden sie als recht sichere Geldanlage gesehen  und vielen Kleinanlegern empfohlen, auch von Banken, Sparkassen und Volksbanken.

Diese Anleger - eigentlich: Kreditgeber - der WGF müssen nun um ihr Geld fürchten. Und schon gibt es Kollegen, die im Internet und auf Veranstaltungen zur Gründung einer Interessengemeinschaft aufrufen.

Ich halte eine Interessengemeinschaft auch in diesem Fall für den Anleger nicht hilfreich, um ggf. sein Geld "wieder zu bekommen". Der aussichtsreiche Weg dürfte die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen die jeweiligen Berater und "Empfehler" sein. Aber genau dafür ist eine Interessengemeinschaft denkbar ungeeignet: eine echte "Sammelklage" gibt es im deutschen Recht nicht - auch wenn in den Vorstellungen der Anleger und in diversen Internetforen immer wieder  auftaucht. Eine Interessengemeinschaft kann also NICHT für alle Anleger, die sich zusammen geschlossen haben, eine Klage erheben, von deren Ergebnis dann alle profitieren.


Irgendwelche (geheime) Hintergrundinformationen, wie es zu der Insolvenz kommen konnte, nützen dem einzelnen Anleger auch nichts - sein "Gegner" ist ja nicht (mehr) die WGF, sondern seine Bank.

Jeder einzelne Schadensersatzanspruch muss individuell vorgetragen, begründet und bewiesen werden. Und genau das können Interessengemeinschaften und die Anwälte, die diese initiiert haben, nicht leisten - dabei wird lediglich Massenabfertigung geboten.

Auch die Vertretung im Insolvenzverfahren sollte individuell erfolgen. Dies schon allein deshalb, weil meine Erfahrung gezeigt hat, dass die "Rundschreiben" oder "Informationsschreiben" der Anwälte der Interessengemeinschaft naturgemäß nicht von allen Anlegern verstanden werden, persönliche Rück- und Nachfragen jedoch oft nicht möglich sind. Mit anderen Worten: der Anleger bekommt Formschreiben, mit seinen individuellen Anliegen und Problemen wird er allein gelassen.

Eines ist allerdings sicher: wer gar nichts unternimmt, wird auf jeden Fall den Großteil seines in  Unternehmensanleihen oder Genussrechte investiertes Geld verlieren !

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Fall Schickedanz - ich kann hellsehen ;-)

...gestern fand - wie berichtet - die mündliche Verhandlung vor dem LG Köln in Sachen Schickedanz gegen Sal.Oppenheim u.a. statt.

Meine Überlegungen, wie Frau Schickedanz  vortragen und beweisen will, dass sie fehlerhaft, also nicht anlage- und anlegeregerecht, beraten worden ist, hatten nahezu hellseherische Qualitäten: Wie ich aus gut unterrichteten Kreisen gehört habe und es auch der Presse zu entnehmen war, hat das Gericht erhebliche Zweifel an einem Beratungsfehler geäußert - und zwar genau aus den Gründen, die mir auch spontan in den Sinn kamen.

Spannend ist jetzt wohl nur noch die Frage, ob die Gegenseite mit ihrer Widerklage auf Schadensersatz gegen die Quelle-Erbin Erfolg hat.

Auch in 2013 werden wir noch viel Freude an desem Prozess haben.......

Dienstag, 18. Dezember 2012

Frau Schickedanz, Sal. Oppenheim und die Falschberatung

Heute beginnt vor dem Landgericht Köln ein Verfahren, das vor allem hinsichtlich der Höhe der geltend gemachten Forderung spektakulär ist: Madeleine Schickedanz, die "Quelle-Erbin", fordert vom Bankhaus Sal. Oppenheim und dem "Immobilienkönig" J. Esch rund 1,9 Mrd. Euro Schadensersatz wegen Falschberatung bei der Anlage ihres Vermögens.

Wenn ich mir aus Sicht meiner Mandanten, die Schäden zwischen ca. 10.000,00 - 500.000,00 Euro erlitten haben, Gedanken über das Verfahren mache, drängen sich folgende Fragen auf:

Woher hat Frau Schickedanz eigentlich das Geld für diesen Prozess, wenn sie doch nach eigenen Angaben von Euro 600,00 im Monat leben und beim "Discounter" einkaufen muss ? Selbst wenn ihre Anwälte auf Erfolgsbasis arbeiten (was nur unter engen Voraussetzungen möglich ist) oder auf Vorschüsse verzichten, so schlagen allein die Gerichtskosten beträchtlich zu Buche: Mein Gerichtskostenrechner wirft bei einem Streitwert  von "nur" 100 Mio Euro bereits ca. 275.000,00 Euro an Gerichtskosten aus - danach streikt er...... Die Gerichtskosten sind übrigens stets im Voraus und in voller Höhe zu zahlen.


Wenn ich weiter überlege, dass meinen Mandanten regelmäßig vorgeworfen wird, sie seien allein renditegetrieben oder wollten Steuern sparen, hätten doch alles in den Unterlagen lesen können, seien selbstverständlich höchst umfassend in stundenlangen Gesprächen über alle Risiken aufgeklärt worden und hätten selbsverständlich auch gewusst, dass selbst ihre Sparkasse im hintersten Schleswig-Holstein vor allem an den Provisionen verdient -- wie will Frau Schickedanz da nachweisen, dass sie, Erbin eines Milliardenvermöges, Unternehmerin, umgeben von zahlreichen Berastern außerhalb des Bankhauses tatsächlich falsch beraten, d.h. über Risiken nicht aufgeklärt wurde bzw. die Bank die Pflichten des Vermögensverwaltungsvertrages schuldhaft verletzt hat ???

Mir und meinen Mandanten, bei denen es sich zumeist um Anleger jenseits der Rentengrenze handelt, die das angelegte Geld hart erarbeitet und erspart und ihrer Bank vollkommen vertraut haben, gelingt dies nur unter großen Mühen, manchmal auch gar nicht.

Auch für Frau Schickedanz gelten die Beweislastregeln im Zivilprozess  - ich bin sehr gespannt, wie das Verfahren ausgeht. Ich wage eine Prognose: man wird sich spätestens in der Berufungsinstanz vergleichen. Aber ich werde mich da wohl in großer Geduld üben müssen.......

Montag, 17. Dezember 2012

Fondsgebundene Lebensversicherung zum Swingen - äääh Switchen....

Einen interessanten Fall habe ich letzte Woche in Berlin verhandelt:

Mein Mandant hat eine fondsgebundene Lebensversicherung abgeschlossen. Besonderheit: in allen Anschreiben, Vertragsunterlagen etc. ist festgehalten, dass er jederzeit und so oft wie er will die der Versicherung zugrunde liegenden Fonds "switchen" kann, wenn sich die Fonds, in die er tauschen möchte, in einem sog. "Auswahlkorb" befinden und für eine bestimmte Mindestsumme geswitcht werden soll. Vorteil: der Knde kann auf Marktentwicklungen reagieren, ohne jedes Mal Ausgabeaufschläge und Kapitalertragssteuer zahlen zu müssen.

So weit, so gut - der Mandangt swingt fröhlich hin und her, die Umtäusche laufen jeweils reibungslos. Schließlich möchte er vom CS EuroReal, den er bereits längere Zeit im Portfolio hatte, in einen "Goldfonds" umtaschen. Dies jedoch verwehrt ihm die Versicherung mit der Begründung, der CS EuroReal habe die Rücknahme der Anteile ausgesetzt ( was bekanntlich den Tatsachen entspricht), deshalb könne der Mandant nicht mehr tauschen. Es folgt einiger Schriftwechsel, die Versicherung beharrt auf ihrer Ansicht. Eine Regelung für diesen Fall findet sich in den Versicherungsbedingungen etc. nicht. Dort ist nur geregelt, dass die Versicherung Fonds aus dem "Auswahlkorb" entfernen darf, so dass  Kunden dann nicht in in diese entfernten Fonds tauschen können.

Ca. 2 Jahre nach dem verweigerten Tausch ist der "Goldfonds", in den der Mandant tauschen wollte, erheblich (um ca. 30 %) im Wert gestiegen, der CS EuroReal wird abgewickelt. Der Mandant hat also über die fondsgebundene Lebensversicherung nicht nur nicht am steigenden Wert des gewünschten Fonds partizipiert, sondern im Gegenteil: er muss bei Ablauf der Lebensverscherung mit erheblihen Kapitalverlusten (ca. 60 - 70%) rechnen.

Zwischenzeitlich hat übrigens die Versicherung ihre Bedingungen geändert und den vorliegenden Fall ausdrücklich zu Lasten des Versicherungsnehmers geregelt.

Auch in der mit mir geführten Korrespondenz  zeigt die Versicherung  kein Einsehen, also wurde Klage auf Schadensersatz der Differenz erhoben.

Die Verhandlung beginnt der Vorsitzende mit den Worten: "Die Beklagte hat nach Ansicht des Gerichtes gut daran getan, ihre Bedingungen zu ändern. Die Bedingungen, die dem Streit hier zu Grunde liegen, dürften nach Auffassung des Gerichts - und zwar kammerübergreifend - zu  Lasten der Beklagten gehen, so dass sie verpflichtet gewesen wäre, den vom Kläger gewünschten Tausch vorzunehmen."

Tja - wer nicht hören will, muss fühlen !

Donnerstag, 13. Dezember 2012

tvest Hamburg financial planing GmbH - Schneeballsystem

Heute war die erste Gläubigerversammlung im Insolvenzverfahren der tvest Hamburg financial planing GmbH, an der ich als Vertreterin eines geschädigten Anlegers teilgenommen habe.

Das Interesse war groß, schätzungsweise 80 Geschädigte waren anwesend.

Die Geschäftsführer der tvest gründeten in Schweden einen Verein, den sie deutschen Anlegern gegenüber als schwedische Sparkasse darstellten (Credit EU). Diese Anleger hatten zur tvest und den dort handelnden Personen ein gewisses Vertrauensverhältnis entwickelt, da diese sie bereits in Versicherungsangelegenheten etc. beraten hatten. Versprochen wurden Zinsen von ca. 4% für Tagesgeld und ca. 8% für Festgeld. Das Geld sei bis zu einem Betrag von Euro 51.000,00 einlagengesichert. Eingezahlt wurden die Gelder dann auf eine Credit EU in Spanien.  Benutzt wurde es offensichtlich zur Finanzierung der recht üppigen Lebenshaltung der Geschäftsführer, zur Auszahlung von Anlegern, die ihr Geld (rechtzeitig) benötigten (= Schneeballsystem) und zur Darlehensgewährung an die tvest, die schon seit Jahren defizitär arbeitet.

Der Insolvenzverwalter begann seinen Bericht  mit den Worten "Sie sind einem Kapitalanlagebetrug zum Opfer gefallen."

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Es lagen bis heute Forderungsanmeldungen in Höhe von etwa 5 Millionen Euro vor, der Verwalter schätzt das "Vermögen" der tvest auf ca. Euro 250.000,00. Zieht man davon noch die Verfahrenskosten ab, ergbt sich eine Quote für die Gläubiger von deutlich unter 5%.....

Zwar gibt es umfangreiche Ermittlungen gegen die Geschäftsführer, die Bafin hat einen Abwickler für die Geschäfte der Credit EU eingesetzt - aber es steht zu erwarten, dass die geschädigten Anleger auch insoweit nur  nicht wirklich nennenswerte Summen erhalten werden. Einer der Geschäftsführer, Herr Thomas Schnehagen, hat ebenfalls bereits Insolvenz angemeldet (das Verfahren ist aber noch nicht eröffnet).

Wie ich am Rande mitbekommen habe, haben etliche Anleger ihr gesamtes Erspartes verloren, einige hatten sogar ihre Lebensversicherungen aufgelöst, um das Geld bei der Credit EU anlegen zu können........

Leider kann ich auch als Anwältin in einem solchen Fall nur sehr begrenzt helfen, z.B. bei der Foderungsanmeldung (auch im Privatinsolvenzverfahren), durch Teilnahme an der Gläubigerversammlung  und durch die "'Überwachung" des Verfahrens. Bei der privaten Insolvenz kann immerhin noch erreicht werden, dass die Forderungen nicht im Rahmen der Restschuldbefreiung erlöschen - dann kann man, falls die Geschäftsführer wieder zu Geld kommen oder im Loto gewinnen,  30 Jahre lang die Forderungen vollstrecken.

Vorbeugend kann ich nur den Rat geben: misstrauisch, äußerst misstrauisch zu sein, wenn jemand Ihnen für eine Geldanlage mehr als die marktübliche Rendite bietet, besonders in Verbindung mit dem Ausland !!

Dienstag, 11. Dezember 2012

MPC - Verlust auf allen Ebenen

Die schlechten Meldungen über MPC mehren sich: Anlegern (Anlagevolumen rd. 24 Mio Euro) des 43. Sachwert Rendite-Fonds Holland droht der Totalverlust....

Der Fonds benötigt nach offiziellen Angaben rd. 6.000.000,00 Euro frisches Kapital, das die Anleger nachschiessen sollen, sonst müssen die Immobilien auf Betreiben der kreditgebenden Banken zwangsversteigert werden. Bleibt der Erlös der Zwangsversteigerungen unter den Verbindlichkeiten - was ein realistisches Szenario ist - müssen die Anleger ggf.  bereits erhaltene Ausschüttungen zurück erstatten.

Auch dieser Fonds wurde von Banken, Sparkassen und Finanzdienstleistern offensiv vertrieben, so dass hier Beratungsfehler möglich sind, die zum Schadensersatz berechtigen können.

Insoweit möchte ich auf meinen Beitrag vom 05.12.2012 verweisen .......

Mittwoch, 5. Dezember 2012

MPC Hamburg - der Anfang vom Ende ?

In letzter Zeit mehren sich die Gerüchte, dass der Hamburger Fondsanbieter MPC Capital AG insolvenzgefährdet sein könnte. So berichtet z.B. das  Manager Magazin  davon, dass MPC seine Anleger aufgefordert habe, auf Zahlungen in zweistelliger Millionenhöhe zu verzichten. Auch das Unternehmen selbst spricht davon, dass die "Leistungsfähigkeit übersteigen" werden könnte. Eine sehr "hanseatische" Umschreibung für "Wir sind pleite". Grund sind Schiffs- und Lebensversicherungsfonds, die MPC aufgelegt hat und sich sehr negativ entwickelt haben.

Bevor man als Anleger in der gegenwärtigen Situation irgendwelche Vereinbarungen unterzeichnet, sollte man sich dringend beraten lassen, da man sonst Gefahr läuft, das investierte Geld vollständig zu verlieren.

Was eine Insolvenz für den einzelnen Anleger bedeuten würde, kann nur im Einzelfall "vorhergesehen" werden. Produkte der MPC sind jedoch auch von einer großen Hamburger Sparkasse und anderen Großbanken vertrieben worden. Hier ergeben sich verschiedene Ansätze, aus denen sich im Einzelfall eine Schadensersatzpflicht aus Beratungshaftung der Bank  herleiten lassen kann (mangelhafte Aufklärung über das Totalverlustrisiko, Empfehlung der Geldanlage als Altersvorsorge, Aufleben der Kommanditistenhaftung, Portfoliorisiko, Währungsrisiken, Provisionszahlungen).

Im Auge behalten werden muss dabei auch die Frage der Verjährung - hier könnte der 31.12.2012 ein wichtiges Datum sein. Zumindest mit einer Erstberatung sollte man daher nicht mehr allzu lange warten !