Dienstag, 29. April 2014

Offene Immobilienfonds - der BGH hat entschieden

Vor einigen Tagen hatte ich hier von den unterschiedlichen Ansichten des OLG Dresden und des OLG Frankfurt über die Frage berichtet , ob ein Anleger über die Möglichkeit der Aussetzung der Rückname der Anteile  aufgeklärt werden muss.

Heute hat der BGH zugunsten der Anleger entschieden (BGH Urteile vom 29.04.2014 zu Akz.: XI ZR 77/12 und XI ZR 130/13).

Zur Begründung führte der BGH aus, dass Anleger zwar auch während der Aussetzung der Rücknahme der Anteile diese an der Börse veräußern können. Dieses stelle  jedoch wegen der Möglichkeit der Beeinflussung des Preises durch spekulative Elemente keine gleichwertige Möglichkeit zur Rücknahme zu einem gesetzlich festgelegten Preis an die Gesellschaft selbst dar.

Für alle Anleger, die bei offenen Fonds Geld verloren haben, bedeuten diese Urteile eine realistische Chance, Schadenersatz von der beratenden Bank zu erhalten.

Allerdings ist Eile geboten - die Verjährung der einzelnen Ansprüche läuft unabhängig von den Gerichtsverfahren. Eine (fach-)anwaltliche Erstberatung kostet jedenfalls nur einen Bruchteil des investierten und verlorenen Kapitals - und ist  GUT investiert.

Mittwoch, 23. April 2014

Scala und andere Sparverträge mit lukrativen Zinsen

Wer sein Geld auf ein Sparbuch legt, erhält Zinsen in einer Höhe, die deutlich unter der Inflationsrate liegen. Effektiv macht der Sparer also bei dieser Geldanlage Verlust - und das schon seit geraumer Zeit.

Glücklich konnten sich diejenigen schätzen, die noch spezielle Sparverträge haben, die teilweise noch aus den Neunziger Jahren -  des vorigen Jahrhunderts ;-)  - stammen. Diese Verträge sind oft so gestaltet, dass die Zinsen zum Ende der Laufzeit steigen. - in der Regel ist vorgesehen, dass zum jeweils aktuellen Basiszinssatz ein Aufschlag von 2 % - 3,5 % (oder noch mehr) vorgenommen wird. Damals erschien das Angebot nicht so verlockend, schließlich konnte man selbst für Tagesgeld meist höhere Zinsen bei größerer Flexibilität erhalten. Heute ist so ein Vertrag jedoch "Gold wert".

Auch "alte" Bauparguthaben werden übrigens im Verhältnis zu aktuellen Marktkonditionen gut verzinst.

Man ahnt es schon: diese Verträge sind den Banken ein Dorn im Auge - sie suchen Mittel und Wege, um den Kunden aus diesen Verträgen heraus zu bekommen. Teilweise werden die Kunden mit anderen (natürlich für sie schlechteren) Produkten gelockt - teilweise werden ihnen die Verträge schlicht mit wohl nicht tragfähigen Begründungen gekündigt.

Der spektakulärste - weil größte - Fall, der bisher bekannt ist, ist der der Scala - Verträge der Sparkasse Ulm. Rund 21.500 Kunden der Sparkasse Ulm haben einen (oder gar mehrere) Scala Vertrag. Dieser zeichnet sich neben der hohen Verzinsung durch eine ebenso hohe Flexibilität aus: die Kunden können bis zu Euro 2500 pro Monat einzahlen und nahezu jederzeit über das Guthaben verfügen. Sehr viele Kunden haben das Angebot der Sparkasse Ulm angenommen, in ebenfalls gut verzinste Verträge mit weniger flexibler Gestaltung zu wechseln. Den anderen - immerhin noch mehrere tausend Kunden - wird jetzt recht deutlich mit Kündigung gedroht.

Die zuständige Verbraucherzentrale Baden-Württemberg klagt vor dem Landgericht Ulm ( 4 O 364/13). In diesem Prozess geht es vor allem um die Frage, ob die Sparkasse Ulm einseitig  die Sparverträge kündigen darf. Die AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) der Sparkasse sehen eine entsprechende Kündigungsmöglichkeit vor.

Am 31.03.2014 fand die erste mündliche Verhandlung wegen der Scala - Verträge vor dem Landgericht Ulm statt. Das Gericht versuchte eine gütliche Einigung, die aber scheiterte. In der mündlichen Verhandlung machte das Gericht jedoch deutlich, dass es - jedenfalls nach bisherigen Verfahrensstand - weder ein gesetzliches noch ein vertragliches (durch die AGB ) Kündigungsrecht für begründet hält. Der Prozess wird im Juli fortgesetzt. Es ist jedoch davon auszugehen, dass  - je nach Ergebnis - entweder die Sparkasse Ulm oder die Verbraucherzentrale die nächste Instanz bemühen wird.

Sollten Sie als Kunde auch von der Kündigung eines Sparvertrages, eines Bausparguthabens oder Ähnlichem betroffen sein, sollten Sie dies keinesfalls hinnehmen, sondern umgehend (fach-)anwaltlichen Rat suchen.

 Leider können Betroffene  in unserem Rechtssystem auch nicht einfach abwarten, was im Fall Scala entschieden wird: das Urteil wirkt grundsätzlich nur gegen die Sparkasse Ulm - andere Institute müssen und werden sich nicht "freiwillig" an das Urteil halten, sondern separat verklagt werden. Die Verjährungsfrist beginnt in solchen Fällen mit dem Erhalt der Kündigung an zu laufen - bis ein Grundsatzurteil des BGH oder gar des EuGH vorliegt, können leicht fünf Jahre vergehen.

Donnerstag, 3. April 2014

Frankfurt vs Dresden: Schließungsrisiko eines offenen Immobilienfonds

Anteile an offenen Immobilienfonds wurden lange Zeit mit dem Argument verkauft, das Geld sei absolut sicher und die Anteilen könnten börsentäglich "verkauft" werden.

Tatsächlich wurde in fast allen Fällen nicht darüber aufgeklärt, dass im Normalfall die Anteile nicht "verkauft" wurden, sondern der entsprechende Fonds die Anteile zurück genommen hat. Verschwiegen wurde in der Beratung auch, dass § 81 InvG den offenen Immobilienfonds die Möglichkeit gibt, die Rücknahme der Anteile bis zu zwei Jahre auszusetzen.

In der Umgangssprache heißt es dann, der Fonds werde "geschlossen".

Im Zuge der Finanzkrise nach 2008 haben viele offene Immobilienfonds, darunter etliche Schwergewichte der Branche  (z.B.  Degi Europa, Degi International, AXA Immoselect, CS Euroreal, SEB Immoselect, Morgan Stanley P2 Value, Kanam Grundinvest, Kanam US Grundinvest) die Rücknahme der Anteile ausgesetzt - und werden jetzt abgewickelt.

Im Rahmen von Schadensersatzklagen wegen Falschberatung hat zunächst das OLG Dresden entschieden, dass die unterlassene Aufklärung über die Möglichkeit der Aussetzung der Rücknahme von Anteilen keinen Beratungsfehler darstellt (Urteil vom 15.11.2012, Akz. 5  U 512/12). Das OLG vertritt dabei die Auffassung, dass die Möglichkeit der Aussetzung lediglich eine theoretische Gefahr darstelle und damit fernliegend sei. Schließlich habe es lediglich 2005/2006 einige wenige Aussetzungen bei offenen Immobilienfonds gegeben.

Das OLG Frankfurt vertritt in seinem Urteil vom 13.02.2013 (Akz. 9 U 131/11) genau die gegenteilige Ansicht. Es hält die Möglichkeit,  dass ein offener Immobilienfonds die Rücknahme der Anteile aussetzt, für einen wesentlichen Punkt in der Beratung - und zwar unabhängig davon, ob sich das Risiko in der Vergangenheit bereits realisiert hat. Es handele sich um ein strukturelles Merkmal von offenen Immobilienfonds. Darüber müsse der Anleger grundsätzlich aufgeklärt werden.

Um diese Frage einer Klärung zuzuführen, hat das OLG Frankfurt die Revision zugelassen. Der BGH (Akz. XI ZR 130/13) wird am 29.04.2014 darüber verhandeln ( Pressemitteilung des BGH ).

Wenn der BGH im Sinne des OLG Frankfurt entscheiden sollte, bleibt nur zu hoffen, dass die Ansprüche von Kapitalanlegern noch nicht verjährt sind - denn die laufenden Verfahren hemmen (entgegen manchmal zu hörender Meinungen) eben nicht die Verjährungsfristen der Ansprüche von anderen, nicht am Verfahren beteiligten,  Anleger. Ggf. sollte sich der Anleger möglichst bald (fach-)anwaltlich beraten lassen. Die Verjährung kann z.B. leicht und kostengünstig durch die Einleitung eines Güteverfahrens gehemmt werden.